18.01.2013

00:57 – So, den ersten anaphylaktischen Schock meines Lebens habe ich nun auch hinter mich gebracht. Ambisome (Amphotericin B)
heisst der Bösewicht, ein Antimykotikum gegen den vermuteten Pilzbefall der Lunge. Die Schwester war kaum aus dem Zimmer, da ging es los: von ‚irgendwas stimmt hier nicht‘ bis zur akuten Atemnot in wenigen Sekunden, maximal 10. Glücklicherweise waren Schwestern und Ärzte sehr schnell vor Ort und habe mich mit diversen Injektionen traktiert. Eines der verabreichten Gegenmittel muss sehr, sehr müde machen, es fällt mir schwer, die Augen aufzuhalten.

22:43 – Fieber scheint sich erstmal etwas gelegt zu haben. Müsste so um 36,9 sein (36,4 plus 0,5 ‚Aufschlag,) meine Handmessungen sind natürlich immer etwas ungenauer als diese Ohrmessgeräte. Vielleicht kommt ja nochmal jemand mit einem solchen vorbei. (Für einen kurzen Augenblick kam mir der Gedanke, ein solches Teil spater mal zu erwerben).

22:15 – Fehler gefunden. Ich Volltrottel. Ist erstmal nix mit Online-Banking.

21:31 – Herumärgern mit der Einrichtung von Online Banking. ’schab Hals.

16:40 – Kaffee wieder alle :( Hmpf. Irgendwie klappt das heute nicht. Koffeinpegel niedrig, Temperatur niedrig (37,0), Kreislauf unten (90/57). Weiss der Henker… Dafür bekomme ich jetzt wieder ein anderes Antibiotika, wird momentan schneller als die Bettwäsche ausgetauscht.

15:30 – Kaffee wieder verfügbar. Die Lage entspannt sich.
Was ich mich ständig frage, seit ich hier im UKE bin: wozu in aller Welt brauchen die so viele Infusions/Transfusionseinheiten? Zwei oder drei dieser Spritzen-Auf-Zeit-Reindrückgeräte und weiter NatriumChlorid-Pumpen… ok. Hier in der Klinik setzt man auf Geräte der Firma Braun und verwendet sogenannte SpaceStation, so wie die auf dem Bild links zu sehen. Allerdings gleich zwölf Module, nicht nur acht. Fallen die Dinger so schnell aus? Werden die gleich für mehrere Tage aufgerüstet? Fragen über Fragen…

14:30 – Seit zwei Stunden kein Kaffee verfügbar. Das kenne ich so nicht. Unschön. Die Heizung schwächelt ebensfalls, mir ist etwas fröstelig.

12:30 – Mir fällt erst jetzt auf, dass ich den ganzen Tag ohne Thrombosestrumpf herumlaufe. Ojeh. Den habe ich heute Morgen in der Hektik ganz vergessen.

13:00 – Mittagessen. Ich habe mich von der zuständigen Sevicekraft zu einer Frikadelle nebst Gemüseklein und brauner Sauce überreden lassen. Zum Essen gab es befremdlichen Lesestoff: eine Diplomarbeit, die sich mit dem Umgang zytostatisch behandelter Leichname (i.d.R. Krebspatienten) befasst. Die angewandte Ethik war noch nie so mein Steckenpferd, in der Arbeit tauchen allerdings einige interessante Details auf. So z.B, dass es zu deutlichen Verfärbungsprozessen des Leichnams beim Verbrennen kommt und ein erheblicher energetischer Mehraufwand betrieben werden muss. Watt et al gifft…

10:30 – Physiotherapie mit der drahtigen Rothaarigen. Übungen mit dem Thera-Band (schreibt man das so?). Ich bin und bleibe ein Körpergefühlslegastheniker.

09:30 – Frühstück. Parallel dazu wird mir Blut abgenommen – seltsame Kombination. Schwester Big Foot hängt mich danach ans Vancomycin. Ich erinnere sie nochmal an das Attest, sie will sich darum kümmern. Die Dame ‚für das Organisatorische‘ sei leider krank.

08:30 – Herz-Check in drei Stufen. Erste Stufe: Wecken um 7:45, mit der direkten Aufforderung, mich in einen Rollstuhl zu setzen, es gehe zum Ultraschall. Das mit dem Rollstuhl konnte ich abwenden, habe mich schnell in Klamotten geworfen und bin mit dem KH-Scout zum Herzzentrum gelaufen, was sich in O70 befindet – mal ein neuer Weg, diesmal in östliche Richtung verlaufend. Die zweite Stufe dann der eigentliche Ultraschall. Dass das Gleitmittel für den US-Kopf nicht entsprechend vorgewärmt wird ist mir etwas schleierhaft. Wir sind zwar nicht beim Frauenarzt, nett wäre es dennoch, wenn man sich um solche simpel zu erledigenden Kleinigkeiten kümmern könnte. Ansonsten bin ich gerne beim Ultraschall. Es ist dort zumeist abgedunkelt, recht warm, und ich finde es beruhigend, das Glucksen des eigenen Herzens zu hören. An einer Stelle verblieb die ausführende MTA oder Ärztin mit breitem Hamburger Akzent sehr, sehr lange. Nicht das die vergangenen Zytostatika da schon etwas angerichtet haben… Herz-Check Stufe Drei: zurücklaufen und zu Fuss die sechs Stockwerke hochlaufen. Frühsport, noch ohne einen Schluck Kaffee intus. Kurz im zweiten Stockwerk gehalten und durch die Türen gepliert; dort (Palliativstation) wird also gestorben, bzw. auf das Sterben vorbereitet.
Relativ relaxed im sechsten Stock angekommen. Der übliche Morgenstress auf dem Flur, Arbeitsbienen versorgen kranke, andere Arbeitsbienen in ihren Waben. In der Anmeldung fläzt sich der Eso-Physiotherapeut auf einem Bürostuhl herum und schäkert mit jüngeren Krankenschwestern. Ich versorge mich mit Lebenselexier und schleiche mich aufs Zimmer. Kaffee kann man sich ja glücklicherweise selbst organisieren, ein Segen. Warten auf das andere morgentliche Standardprogramm. Schwester Big Foot hat die Becher mit den Utensilien wie Spritzen und Kanülen schon auf dem Tisch platziert.

06:00 – Bruder Mike klemmt mich an die Antibiose und misst in meinem Ohr herum. Ich lasse beides im Halbschlaf über mich ergehen und dusel gleich wieder ein.

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